TU Berlin (Technische Universität)

Feministisches Erinnern

Straße des 17. Juni 135
10623 Berlin
Deutschland

52.510942, 13.3287375

zur Ausschreibung

Am 25. November 2021 werden auf dem Marktplatz in Tübingen 123,5 Paar Schuhe in Rot an die Tatsache erinnern, dass in Deutschland an jedem dritten Tag eine Frau ermordet wird; am 11. Dezember findet eine schweizweite Demonstration gegen Femizide statt. Schon im Januar 2021 erklärte das Berliner Netzwerk gegen Feminizide den Nettelbeckplatz im Berliner Wedding zum Widerstandsplatz, um öffentlich aufmerksam zu machen. Das Netzwerk verbindet den Kampf gegen die letale Gewalt an Frauen* mit einer dekolonialen Erinnerungspolitik. Wie kontrovers die Thematisierung von und das Erinnern an Gewalt gegen Frauen* im deutschsprachigen Raum ist, illustriert u.a. die Verweigerung von Behörden in Deutschland, den Begriff Femi/ni/zid zu verwenden. Dass es zum Politikum auch auf internationaler Ebene werden kann, zeigt die Kontroverse um das in Berlin-Moabit zunächst nur für ein Jahr genehmigte Denkmal des Korea Verbandes zur Erinnerung an die über 200.000 Mädchen und Frauen aus 14 Ländern, die vom japanischen Militär während des Asien-Pazifik-Krieges (1931-1945) im gesamten asiatisch-pazifischen Raum als so genannte ‚Trostfrauen‘ sexuell versklavt worden sind. 

Im Kampf gegen das Verdrängen verbünden sich Menschen zudem zunehmend jenseits bestehender Institutionen und Organisationen in solidarischen Netzwerken, die in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit vielfach ungehört geblieben sind: Überlebende, Mütter, Väter, Geschwister, Freundinnen und Freunde der Opfer von Hassverbrechen erzählen von ihrem Schmerz. Intersektional angelegte herrschaftskritische Projekte bringen Erfahrungen von Menschen zu Gehör, die von ihrem Leben und Zuhause in einer Gesellschaft berichten, die ihnen als den vielfach zu ‚den Fremden‘ Gemachten Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Betrauern vorenthält und stattdessen mit klassistischer Herabwürdigung, Misogynie, Antifeminismus, Antisemitismus und Rassismus – immer wieder auch mit mörderischer Gewalt – entgegen tritt.

Gesucht werden Abstracts (bis 2000 Zeichen) zu Beiträgen, die beispielsweise: theoretisieren, mit welchen Herausforderungen feministisches Erinnern und Vergessen konfrontiert wurde und (etwa durch Digitalisierung) wird; Herausforderungen etwa an eine dekolonial, trans-/multikulturell oder agonistisch entworfene feministische Erinnerungstheorie und -praxis diskutieren; eine spezifische (z.B. queere, intersektionalitätsbewusste, performativitätstheoretische, affekttheoretische, und_oder materialistische) Perspektive auf bestehende Erinnerungspraxis, -kultur, -kämpfe oder -forschung einnehmen; Analysen konkreter feministischer Erinnerungspraktiken und_oder -politiken etwa in (digitaler) Kunst, Literatur, Film- oder Medienproduktion, Musik oder Populärkultur liefern; Varianten feministischer Archive analytisch aufschlüsseln und Fragen nach Artefakten, Materialitäten und Praxen zueinander in Beziehung setzen; kulturvergleichende und_oder transkulturelle Perspektiven auf feministische Erinnerungsforschung, -praxis, -politik und -kämpfe eröffnen oder nach der gesellschaftlichen Resonanz solcher Kämpfe fragen.

Die Zeitschrift feministische studien für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung Nr. 1_2023 wird 6 bis 8 Beiträge zum Schwerpunkt ‚Feministisches Erinnern‘ enthalten, und zwar Aufsätze (bis 40.000 Zeichen) sowie Diskussionsbeiträge (bis 25.000 Zeichen, incl. Leerzeichen), die nach einem double blind peer-review-Verfahren begutachtet werden. Gerne können auch Vorschläge für unsere Rubrik „Bilder und Zeichen“ eingereicht werden.

Brüssel, Belgien

Steyr, Österreich

Hagenberg, Österreich