2026 feiert die Wikipedia ihren 25. Geburtstag. Die Enzyklopädie, die am 10. Januar 2001 online ging, repräsentiert nicht nur den damaligen digitalen wie demokratischen Aufbruchsgeist der 1990er Jahre – sie ist auch Abbild der großen und oft problematischen Entwicklungslinien der digitalen Welt des vergangenen Vierteljahrhunderts. Dennoch: die Wikipedia ist heute mit rund 65 Mio. Artikeln und mit hunderttausenden aktiven, anonymen wie ehrenamtlichen Autor*innen ein unverzichtbares Archiv des freien Wissens im World Wide Web. Doch dieses freie Wissen ist akut bedroht. So trainieren KI-Firmen wie Open AI ihre Large Language Models mit den Open-Source-Texten der Wikipedia und saugen damit Wissen für ihre proprietären Produkte ab. Gleichzeitig nimmt der Kulturkampf von rechts volle Fahrt auf: Elon Musk fordert, der Wikipedia die Mittel zu entziehen; ein Trump-naher Staatsanwalt stellt deren Gemeinnützigkeit infrage und wirft der Muttergesellschaft der Web-Enzyklopädie Manipulation und ausländische Einflussnahme vor; und der rechte Thinktank "Heritage Foundation" plant, mittels Auswertungen von Datenleaks die Identität der Autor*innen zu enthüllen und diese zur Zielscheibe von Hasskampagnen zu machen.
Die Wikipedia ist dabei nur ein prominentes Beispiel dafür, wie es um das freie Wissen im Netz derzeit bestellt ist. Ob digitale Archive, soziale Medien oder Websites von Behörden: Informationen verschwinden und werden zensiert – oft getarnt als Kritik an vermeintlicher wokeness und unter dem Deckmantel von free speech. Ob das Internet tatsächlich nicht vergisst, wie es einst hieß, ist endgültig zu einer Frage von Macht, den Interessen des Kapitals sowie von politischer Einflussnahme geworden.
Vor diesem Hintergrund planen die Festivals DIGITAL SPRING an der ARGEkultur Salzburg, DIGITHALIA am Schauspielhaus Graz und das HAU Hebbel am Ufer, Berlin, mit seiner digitalen Bühne HAU4 sowie weitere Partner*innen eine ortsübergreifende Kooperation. Unterstützt werden sie dabei vom theaternetzwerk.digital.
ZENTRALE FRAGE: Wie kann digitale Kunst mit dieser Situation umgehen und das Bewusstsein dafür schärfen? Und wie kann digitale Kunst Wege finden, gefährdetes Wissen zu erhalten und weiterhin zugänglich zu machen?
GRUNDIDEE: In Salzburg, Graz, Berlin und an weiteren Orten finden im Frühjahr 2026 Residenzen mit jeweils zwei lokalen Medienkünstler*innen bzw. Kollektiven statt. Unterstützung bekommen sie dabei von Mentor*innen. Entstehen sollen innerhalb dieser einwöchigen Residenz webbasierte Kunstwerke bzw. deren Prototypen, die in gemeinsamen, institutionsübergreifenden digitalen Showings gezeigt werden.
AUSSCHREIBUNG: Für unser Residenzprogramm MEDIA ART LAB, das im März 2026 zum dritten Mal im Rahmen des Festivals DIGITAL SPRING stattfindet, suchen wir daher zwei im Land Salzburg ansässige Medienkünstler*innen bzw. Kollektive.
Wir freuen uns auf Einreichungen, die sich mit Mitteln digitaler und webbasierter Kunst mit dem Thema beschäftigen. Dabei muss nicht direkt auf Wikipedia Bezug genommen werden - im Zentrum steht vielmehr der generelle Umgang mit gefährdetem oder marginalisierten Wissen.
Die digitale und ortsübergreifende Präsentation aller Arbeiten soll vom 19. bis 21. März 2026 im Digitalen Foyer der ARGEkultur stattfinden, die Salzburger Projekte werden zudem im Saal der ARGEkultur im Rahmen einer analogen Veranstaltung vorgestellt. Die Residenz ist vergütet, die erarbeiteten und gezeigten Projekte können nach dem Showing ggf. in Kooperation mit der ARGEkultur weiterentwickelt werden.
EINREICHUNG: Bitte schickt eure Unterlagen (inhaltliches Konzept und Umsetzungsidee - ca. drei bis fünf Seiten, Vita) per E-Mail an Sebastian Linz: linz@argekultur.at
DEADLINE: 20. Oktober 2025
Eine Auswahl der Künstler*innen erfolgt spätestens Anfang November 2025.
Credits Hintergrundbild: ARGEkultur
Projektförderung
Stadt Wien - Bildende Kunst und Medienkunst
Wien, Österreich
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